Bei der Herstellung eines wendegenähten Schuhs kommen verschiedene Nähte zum Einsatz. Diese lassen sich anhand der Fadenabdrücke im Leder und der Art wie die Löcher verformt sind voneinander unterscheiden.
Die bekannteste Notation der verschiedenen Nahtvarianten wurde von Olaf Goubitz erstellt (Goubitz) und wird in den meisten moderneren Fundberichten auch so verwendet. Goubitz unterscheidet 11 verschiedene Typen von Nähten am Oberleder. Die für das 13te Jahrhundert Relevanten habe ich hier zusammengefasst.
Name | Naht | Notation (nach Goubitz) |
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Stoßnaht | ||
Bindenaht | ||
Sattlernaht | ||
Heftnaht | ||
Fadenverstärkung | ||
Lochverstärkung | ||
Schaftrandeinfassung | ||
Tunnelstich |
Verbindungsnähte für Oberlederteile
Stoßnaht
Die Stoßnaht ist mit die stabilste Naht und wird hauptsächlich zum schließen des Schaftteiles oder zum annähen von Einsätzen/Erweiterungen verwendet.
Zum vernähen werden zwei Fäden 1 mit je einer Borste an ihrem Ende Gegenseitig durch das vorgestochene Loch gezogen. In jedem Loch befinden sich also zwei Fäden. Der Vorteil der Stossnaht ist, neben ihrer hohen Stabilität, dass sich im Gegensatz zur Sattlernaht keine Wulst bildet die am Fuß drücken könnte. Die Kanten der beiden Lederteile können leicht angeschrägt werden um einen dichteren Abschluss der Naht zu erreichen.
Bindenaht
Die Bindenaht wird häufig verwendet um Teile an den Schaft zu nähen, die keiner großen Zugbelastung standhalten müssen. Häufig findet man sie zum annähen der Zungen von Knöpfriegelschuhen oder zum anbringen von einfachen Schafrandstreifen.
Sattlernaht
Die Sattlernaht findet sich in vielen Bereichen der Lederverarbeitung als starke Verbindungsnaht zweier Lederteile. Bei wendegenähten Schuhen findet man Sie nur bei sehr dünnem Ziegenleder zum schließen des Schaftes. Eine Stossnaht kann man bei dünnem Ziegenleder nicht verwenden, da dieses zu leicht Einreißen würde.
Heft und Verstärkungsnähte
Heftnaht
Zum Anbringen von Fersenverstärkungen oder seitlichen Verstärkungensstreifen wird die Heftnaht verwendet. Bei dieser wird nur ein einzelner Faden benötigt.
Fadenverstärkung
Im Verlauf des 13.ten Jahrhunerts taucht eine neue Technik zum Verstärken des Leders auf. Hierzu wird ein dicker Faden mittels Überwendlichstich, wie beim Heftstich, auf die Fleischsseite des Oberleders aufgenäht.
Lochverstärkung
Ausgestanzte Löcher für die Schnürungen werden mit einem zusätzlichen aufgenähten Lederstreifen verstärkt. So wird verhindert das die Löcher einreisen oder sich zu stark dehnen und das Leder so seine Form verliert.
- Zunächst wird entlang der Kante mit einem halben Lederstich die Verstärkung mit dem Oberleder, mit einem einzelnen Faden, vernäht.
- Nun werden mit der Heftnaht die restichen Seiten der Verstärkung mit dem Leder verbunden.
Anschließend können die Löcher durch beide Lederteile gleichzeitig gestanz/ausgeschnitten werden. Die Löcher wurden nicht weiter versäubert oder gesichert.
Weitere Nähte
Schaftrandeinfassung
Goubitz kennt nur eine Variante für Schaftrandeinfassungen. Diese entspricht auch der am weitesten verbreiten Variante.
Tunnelstich
Da bei wendegenähten Schuhen die Sohle schnell durchgelaufen sind (vor allem im Bereich der Ferse und des vorderen Ballens), finden sich an vielen Funden noch Nahtspuren von aufgenähten Sohlenflicken.
Sohlennähte
Eine andere Gruppe für die es bisher keine weit verbreitete Notation gibt ist die Gruppe der Verbindungsnähte zwischen Sohle und Oberleder.
Sohlennaht
Im 13.ten Jahrhundert findet man im wesentlich zwei verschiedene Varianten für Sohlennähte:
Einmal die Variante mit einem Keder
Und ohne Keder
Der Keder ist ein Lederstreifen der zwischen Oberleder und Sohle eingelegt wird. In der Literatur wird oft vermutet das dieser Streifen dazu dient die Naht dichter zu bekommen. Aus persöhnlicher Erfahrung kann ich sagen das die Schuhe durch einen Keder nicht mehr oder weniger dicht werden 3. Der Keder hat aber einen anderen großen Vorteil:
Aufgrund der Art wie Oberleder und Sohlenleder miteinander verbunden werden steht das Oberleder an der Seite immer etwas über. Mit der Zeit, und durch das tragen, wird das Oberleder weiter nach unten gedrückt und kommt mit dem Boden in Berührung. Da es wesentlich dünner als die Sohle ist reibt es sich schneller durch. Um dieser Abnutzung entgegen zu wirken kann man einen Keder einlegen. Das überstehende Oberleder wird nun durch den Keder geschützt und der Schuh hält länger. In den Funden findet man einige Exemplare bei denen der Keder nur im Bereich der Zehen und der Ferse vorhanden ist. Andere haben einen komplett umlaufenden Keder.
Quellen
- Goubitz, Olaf; van Driel-Murray, Carol; Groenman-van Waateringe, Willy (2001): Stepping through time. Archaeological footwear from prehistoric times until 1800. Zwolle: Stichting Promotie Archeologie.
- Eigentlich handelt es sich dabei um nur einen Faden dessen beide Enden verwendet werden. um die beiden zu unterscheiden wurden sie Farblich hervorgehoben. [return]
- Damit die Fersenverstärkung flacher anliegt werden die Kanten vor dem Vernähen mit dem Messer angeschärft. [return]
- Die Dichtigkeit hängt nur von der Qualität des Leders und der Ausführung der Nähte (sind sie gut fest gezogen, gibt es keine Durchstiche) ab. [return]